Niemand hat dich gefragt, ob du geboren werden willst, als was du geboren werden willst, wann du geboren werden willst oder wo du geboren werden willst. Niemand hat dich gefragt, wer deine Eltern sein sollen. Niemand hat dich gefragt, in welchem Umfeld oder mit welcher Kultur du aufwachsen möchtest. Du wurdest nicht gefragt, wie deine Erziehung aussehen soll und du konntest dir nicht aussuchen, welche Erlebnisse dein Aufwachsen prägen würden. Wie hättest du dich entschieden, hätte dich jemand gefragt? Als umherfliegende Seele, unwissend über unser bevor stehendes Leben und bereit sich zu manifestieren, hätten wir die Wahl gehabt.
„Ja, ich möchte geboren werden, als ein Wesen, welches sich und seine Umwelt voll und ganz wahrnehmen und schätzen kann, in einer Zeit, in der Frieden und Unversehrtheit herrschen, an einem Ort, an dem ich mich geborgen und zu Hause fühle. Meine Eltern sollen zwei Wesen sein, die für mich bereit sind und mich Liebe und die Wahrheit lehren. Ich wünsche mir ein Umfeld aus Wesen, die mich tolerieren und in Harmonie miteinander leben, in einer Kultur, in der Frieden und Gemeinschaft als oberste Prinzipien gelten. Meine Erlebnisse sollen mich lehren, dass egal was kommt, jemand an meiner Seite ist und jede Sekunde im hier und jetzt genossen werden kann.“
Doch uns hat niemand gefragt. So sind wir alle in einer Welt aufgewachsen, die genau betrachtet niemandem diese Wünsche erfüllt. Das macht uns unzufrieden und lässt uns Dinge tun, die diese Unzufriedenheit verdrängen oder vernichten sollen. Wir vergessen die Wünsche, die wir für unser Leben geäußert hätten und ersetzen sie durch Wünsche, die wir uns einfacher erfüllen können, um uns zufrieden zu stellen, um uns glücklich zu machen. Beeinflusst von der jeweiligen Gesellschaft wünschen sich die meisten von uns Erfolg im Beruf, eine heile Familie und finanzielle Sicherheit. Diese Gesellschaft, die sich eindeutig niemand so ausgesucht hat, steuert maßgeblich unser Verhalten. Die Seele, welche sich eine Kultur gewünscht hätte, in der Frieden und Gemeinschaft als oberste Prinzipien gelten, wird mit einer Kultur groß, die an von Fremden festgelegte Wahrheiten und Ideale glaubt und Feindbilder schafft, indem sie jeden der zufällig unter anderen Umständen geboren wurde für böse oder falsch hält. Wir alle wachsen in einer Gesellschaft auf, die ihre individuelle Wahrheit festlegt und uns nicht lehrt, diese zu hinterfragen. Denken wir jemals daran, wie wir uns die Welt und unser Leben losgelöst von allen Konditionierungen und Gewohnheiten wünschen würden? Wäre es dann nicht der größte Wunsch eines jeden Menschen, auf einer friedlichen, heilen Welt zu leben?
Ich kann nicht einschätzen, wie gravierend die Einflüsse der Umwelt, in der wir geboren werden und die Ereignisse, die uns prägen, sind. Ich weiß nicht, ob es jedem Menschen möglich ist, völlig unbeeinflusst über die Welt nachzudenken, um zu verstehen, dass kein Mensch sich ausgesucht hat, wo er geboren wurde und dass das die wohl eindeutigste Gemeinsamkeit ist, die wir alle haben. Ist es nicht so, dass sich jeder unabhängig davon, wo er zur Welt gekommen ist, ein sicheres, geborgenes und liebevolles Leben wünscht? Ist es nicht vor allem unsere Konditionierung, die uns glauben lässt die unterschiedlichen Wege zu einem solchen Leben zu kennen? Während die einen daran glauben, ein solches Leben durch Erfolg im Beruf, wirtschaftlichen Einfluss oder in einer glücklichen Ehe zu finden, gehen andere davon aus, dass wahres Glück nur dann entstehen kann, wenn sie die zuvor genannten Menschen vernichten. Niemand soll für dieses oder jenes Denken verurteilt werden, ganz gleich wie grausam und unnötig die unsichtbare Ausbeutung oder offensive Ermordung anderer Völker ist. Für die Menschen, die dafür die Verantwortung tragen, scheint es unumgänglich, um das Leben zu führen, dass sie sich wünschen.
Jeder Mensch will Leid vermeiden und viel zu oft wird dabei vergessen, wie ähnlich wir uns sind und dass das Leid eines anderen auch unser Leid ist. In einer Welt, in der Leid durch Handeln vermieden werden soll, welches anderen Lebewesen Leid zufügt, kann wahrer Frieden und echtes Glück nicht wachsen. Keine neue Seele wird sich in einem Lebensraum wiederfinden, den sie sich nicht hätte schöner wünschen können. In meiner Fantasie ist eine Welt möglich, in der durch Toleranz, Mitgefühl und Zusammenarbeit so viel Leid wie nur möglich vermieden wird. Kann sich jemand ein lebenswerteres Leben vorstellen, als das, in dem jeder von ganzem Herzen seinen Mitmenschen hilft und für alle gesorgt ist? Und wäre es dann nicht an der Zeit, alles, worüber man bis jetzt keine Kontrolle gehabt hat, zu hinterfragen und das eine wertvolle Leben zu einem glücklichen Leben für sich und für andere zu machen?
Dafür, dass es so sinnvoll und einfach klingt, erscheint es mir an diesem Punkt unglaublich kompliziert. Wir sind so sehr an unsere Gewohnheiten gefesselt, dass wir glauben die Umstände auf dieser Welt akzeptieren und vergessen zu können, damit sie uns nicht zusätzlich leiden lassen. Es erfordert unglaubliche Willenskraft, sein gesamtes Leben und Handeln zu hinterfragen um zu erfahren, wie wir leben können um Leid so gut es geht zu verhindern und Liebe zu verbreiten. Ghandi hat gesagt, dass die Menschen oft zögern, einen Anfang zu machen, weil sie fühlen, dass das Ziel nicht vollständig erreicht werden kann. Das Ziel einer Welt ohne Krieg und Leid scheint für uns so unrealistisch geworden zu sein, dass kaum noch einer sich in der Verantwortung sieht dazu beizutragen. Doch wenn es sich nicht lohnt ein Leben zu führen, in welchem man so viel Liebe, Mitgefühl und Toleranz wie nur möglich zulässt und alles tut um eigenes und fremdes Leid zu heilen, für welches Leben lohnt es sich dann zu leben?
Christin says
Hallo Pia!
Was für ein toller, starker Text!
Ich habe mir auch schon oft solche Gedanken gemacht, allerdings eher über meine eigenen beiden Kinder. Sie wurden in eine Gesellschaft geboren, die mit Sicherheit nicht dem entspricht, wie sie es sich vorstellen würden, wenn sie es denn könnten. Sie bekommen Regeln und Werte vorgesetzt und sollen sich an diese halten, die Generationen längst vor ihnen geschaffen haben. Ich bin mir sicher, dass kein Kind in eine Welt mit Kriegen rund um Macht, Geld oder Religion geboren werden möchte. Wenn es nach meinem Sohn ginge, würden sich wahrscheinlich alle Menschen gegenseitig beschenken und Geld wäre nur dazu da, um lustig in einer Dose zu klimpern. Irgendwie ist es doch absurd, dass diese kleinen Menschen nach den Regeln von uns großen Menschen leben müssen, ohne darauf (im Moment) großen Einfluss nehmen zu können. Und auch, wenn die Menschen, die für den Werdegang der heutigen Gesellschaft mitverantwortlich sind, nicht mehr leben, wird die Welt unserer Kinder dennoch davon völlig beeinflusst sein. Ich habe aber auch keine gute Antwort darauf, wie man das ändern könnte, außer eben ein gutes Vorbild zu sein.
Außerdem frage ich mich auch oft, wie Menschen überhaupt dazu kommen, andere Menschen zu töten oder gar terroristisch zu werden. Jeder Mensch fängt doch einmal als kleines, süßes Baby an, das einfach nur geliebt werden möchte …
Alles Liebe,
Christin
Cebe says
Malin says
Ich kann meiner Vorposterin nur zustimmen- der Beitrag ist sehr ehrlich und gut geschrieben- nicht einer dieser ‚Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied‘-Texte, sondern eben kritisch im Bezug auf die Aspekte, die jeden von uns nunmal beeinflussen. Großes Kompliment, sowohl an Christin für ihren gut formulierten Beitrag, als auch an dich, liebe Pia- mir gefallen dein Schreibstil und deine Art, Themen anzugehen sehr gut: sachlich, gut formuliert und informativ, aber ohne den typischen ‚Ich bin besser weil ich Veganer bin‘-Beigeschmack. Weiter so, ich denke du kannst nicht nur persönlich viel erreichen, sondern auch viel in den Köpfen anderer Menschen erreichen!
Liebe Grüße!
Malin
Laura says
Hallo Pia!
Ohne deinem Beitrag zu widersprechen, gibt es einen Punkt, in dem ich gerne eine andere Sichtweise aufzeigen würde.
„Als umherfliegende Seele, unwissend über unser bevor stehendes Leben und bereit sich zu manifestieren, hätten wir die Wahl gehabt.“
Wir haben die Wahl gehabt- oder zumindest unsere Seele. Ich gehöre zu den eher spirituellen Menschen und da gibt es die eine Ansicht, welche viele Menschen teilen, die sich mit dem Spirituellen befassen.
Die Seelen suchen sich, bevor sie in den menschlichen Körper gehen, ihr Leben, ihre Erfahrungen und die Aufgaben, welche sie in diesem meistern wollen, aus, um an Weisheit und Erfahrungsschatz für die darauffolgenden Leben zu gewinnen. Unsere Seele hat entschieden, wie, wo, wann und als was sie (wieder)geboren wird. Der Ablauf unseres Lebens ist größtenteils vorherbestimmt. Alles in unserem Leben passiert aus einem Grund. Alles ist verknüpft und soll genau so passieren. Auch jeder Mensch hat so seine Aufgabe, die er auf der Erde erfüllen musst. Ist dies geschehen, ist es Zeit zu gehen und die Seele sucht sich das nächste Leben aus.
So viel zu meiner Sicht auf den oben zitierten Satz. 😀
Alles Liebe,
Laura
Pia Kraftfutter says
Hey liebe Laura, ganz lieben Dank fürs Teilen deiner Meinung und Sichtweise. Auch wenn ich das Konzept erst einmal bewundernswert und spannend finde, tue ich mich sehr schwer so zu glauben, da es gegenüber Menschen, die unter schrecklichen Lebensumständen leben, wie ein „Tja, selber Schuld, hat sich deine Seele halt ausgesucht, um daran zu wachsen.“ klingt. Das ist wahrscheinlich sehr einfach gedacht, aber da ich mich noch nichts mehr damit auseinander gesetzt habe, erscheint mir das gerade noch sehr logisch 😀 ich hoffe du kannst das nachvollziehen.
Karla says
Hallo,
ich teile die Sichtweise von Laura, und wenn man spirituell unterwegs ist, kann man es auch gar nicht anders sehen.
Aber das muss eben jeder für sich selbst entscheiden.
Gruß
Karla
Cebe says
Anna says
Hallo Pia,
Du hast eine tolle Art zu schreiben!!! Ich bin zwar auch nicht ganz Deiner Meinung, aber der Text liest sich gut 🙂 Ich unterstreiche Laura´s Meinung- die Seele sucht sich vor der Inkarnation ihre Lektionen aus, um zu wachsen. Das hat nichts mit Schuld zutun, eher mit Verantwortung übernehmen- wir sind hier, um unterschiedlichste Dinge zu lernen und zu erfahren- Jede Seele macht früher oder später alle Erfahrungen durch soweit ich das erfassen kann. Das heisst wir sind alle gleich, lediglich manchmal auf einem anderen Stück des Weges. Und natürlich alle miteinander verbunden- allerdings wächst dieses Bewusstsein in den Menschen grad erst langsam! Daher ist es gut und richtig in meinen Augen sich rein pflanzlich zu ernähren 🙂 GLG Anna
Leon says
Hallo ich gehöre zur jungen Generation und würde so aufgezogen dass ich meines Erachtens einen guten Überblick über alles habe doch ich bin an einem Punkt angekommen an dem ich langsam in meinen Gedanken versinke in meinem Umfeld nehmen 12 jährige Tilidin und härtere Drogen saufen jedes Wochenende man wird von 2 Klässlern mit ihrem iPhone 11 ohne Grund beschimpft und Mann wird immer mehr allein weil man verschiedene Interessen hat das Motto der Sauf gruppe ist scheiß drauf die Welt geht eh unter und langsam wird mir alles egal ich ziehe mich zurück mache mein letztes Jahr auf der Schule und möchte danach einfach weg und mit meinem ersparten Sachen wie den Jakobsweg gehen in der Hoffnung das ich dort meine Ruhe finden kann denn zurzeit wünsche ich mir einfach mehr Zeit zum nachdenken schade das Mann nicht die Zeit stoppen kann.